Stellvertreterinnen
Irgendwas mit Robotern aus der Ferne, und dabei geht es aber eigentlich um Fragen der sozialen Räume, der Kommunikation
Unser Team hat sich mit Stellvertreter*innen befasst, mit der Frage wie und ob wir uns in sozialen Situationen, physischen und virtuellen Welten vertreten lassen können und wollen, von Maschinen, KI’s, Avataren oder anderen Menschen. Diskutiert haben wir Beispiele wie Vogelscheuchen, Telepräsenz-Avatare, Locative-game Runner, Voodoo-Puppen, Gottes Stellvertreter auf Erden und Reverse Stellvertreter*in (bleibt für uns zuhause).
Herausgekommen ist dabei eine Vielfalt von Ansätzen, Ideen und Prototypen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, an diesem Wochenende nicht alle an einem Projekt zu arbeiten, sondern uns gemeinsam auszutauschen und gleichzeitig individuell mit der Thematik auseinanderzusetzen: bestehende Vorhaben weiterzuentwickeln, an neuen Ideen zu forschen.
Jetzt haben wir schon eine Reihe von (Zwischen-)Ergebnissen, die wir im Folgenden kurz präsentieren wollen. Auch hier gilt: nach dem Hackathon ist vor dem Hackathon und wir diskutieren wie wir weitermachen wollen.
Team 4 Stellvertreter*innen
Gabi HiddenCampus www.hidden-campus.com
Leoni www.spielundobjekt.de insta: leonisuperstar
Janne www.jannenorakummer.de / www.virtuellestheater.net / www.spielundobjekt.de insta: _alaska.aka_
Michael @crcdng www.i3games.com
Philipp @phideljo www.pje.me
Auch kurz im Channel:
machinaexphilip
fabianraith(s&&o)
Florian (aus dem Channel #p7-remote-publikum)
Representative Stellvertreter*innen (Leoni)

Rowland Ward, Giraffen, 1963
s/w-Fotografie, 208 x 160 cm
Natural History Museum, London.
“The animals in the group form a developmental series, such that the group can represent the essence of the species as a dynamic, living whole. The principles of organicism rule the composition. There is no need for the multiplication of specimens because the series is a true biography. […] the whole animal in the whole group is nature’s truth.” (Donna Haraway: Teddy Bear Patriarchy: Taxidermy in the Garden of Eden, New York City, 1908-1936. Social Text, No. 11(Winter, 1984-1985), p. 24.)
Ob temporär oder auf unbestimmt, Stellvertreterinnen nehmen unseren Platz ein um unsere Abwesenheit aufzufüllen, auszugleichen. Dies können sowohl Personen, technische Geräte als auch Abbildungen sein. Uns zu vertreten bedeutet auch uns durch etwas anderes zu ersetzen und uns dadurch zu repräsentieren. Die Frage, wen wir wählen um uns als Mensch, als Individuum oder als Gattung zu verkörpern ist nicht unerheblich. Mit jedem Abbild bzw. Stellvertreterin oder Repräsentanten schwingt eine Geschichte mit. Eine Erzählung über Dominanz, Macht und eine Norm. Wären wir in einem Naturkundemuseum, würde das Diorama, das die Menschen aus einer vergangenen Zeit – aber leider ebenso die Menschen des heute – verkörpert, von einem gesunden, jungen Mann, dessen Kernfamilie bestehend aus einer (ebenfalls gesunden und jugendlichen) Frau und zwei Kindern, die um ein Feuer in irgendeiner urzeitlichen Szenerie sitzen, bestehen. Auch die benachbarten Glaskästen zeigten uns eine so gestaltete x-beliebige Tierfamilie. Dieser vollkommene Garten erzählt eine Wahrheit, die auf den Techniken des Sehens beruhen und eine Geschichte des Patriarchats erzählen. Eine Manifestation der Naturgeschichte “eingefangen und festgehalten”. Das Museum und unsere Stellvertreterinnen erfüllen ihren wissenschaftlichen Zweck des Bewahrens, des Aufrechterhaltens und der Produktion von Permanenz und werden in ein westliches Verständnis von Leben übersetzt – the natural body of man.
Doch wie wollen wir uns räpresentiert sehen? Ist es schließlich nur noch eine Kamera oder ein Screen, ein Name in einem Zoom-meeting wenn die Kamera ausgeschalten bleibt? Oder gilt es eine Pluralität an Stellvertreter*innen zu schaffen, kleine Cyborgs, die die menschliche Psyche mit der Technik verschmelzen lassen und uns nicht mehr nur räpresentieren, sondern ersetzt und uns in Situationen des Alltäglichen vertreten?
Binaural Guiding (Philipp)
Die Grundidee besteht aus einem binauralen Mikrofon-Setup durch das eine Stellvertreterin Anweisungen erhält. Diese Anweisungen können explizit sein (“gehe nach links!”), aber durch die räumlichen Möglichkeiten von binaural Audio, auch räumlich impliziert sein (Sprechen in das linke Mikrofon). Sowohl Stellvertreterin als auch Stimme können durch Spielerinnen besetzt werden. Sie können aber auch vom Team gestellt werden. Unten sind zwei Versionen angedacht. Runner bekommen Kameras und streamen ihre Tätigkeiten live. Voices sind remote und verfolgen diesen Stream.
Entstanden ist die Idee aus Diskussionen über Stellvertreterinnen in Zeiten von Corona, in denen es schwierig (und gefährlich) sein kann selbst nach Draußen zu gehen. Deswegen schickt man ansteller seiner selbst einen Stellvertreter*in.
Fragen der Macht und Vertrauen in die Stimmen könnten spannend sein. Außerdem Fragen des “sich-leiten-lassens” und Verantwortung an die Stimme(n) abgeben.
Den Ausgang können sowohl die Stadt als Playground, aber auch inszenierte Räume (zB ein Dark Maze) geben. Selektiv verschiedene Sinne der Spielenden wegzunehmen (zB Runner – Sicht, Voice – Haptik) könnte für spannendes Spielgeschehen und kooperative Handlungsmöglichkeiten sorgen.
Grundsetting:
Wir befinden uns in einer Gesellschaft in der reiche Menschen, oder Menschen mit Macht in Sicherheit zu Hause bleiben können, während arme Menschen als “Runner” jobben und Aufgaben in Stellvertretung erledigen. Diese Aufgaben reichen von live Videostreams aus der schönen Natur “um mal wieder den Wald zu sehen”, zu Paket- und Essensabholungen oä. (siehe Ähnlichkeiten mit dem Projekt “LÄUFER*IN”)
VERS. 1: GAME BASED – audience as voices and as runners
This version is a more game based approach to the same idea as Version 2. Its story is less directed and the players have are freer to make gameplay decisions themselves and react to input from other players. There are none (or very view) actors.
Any runner can have up to three voices. Both runners and voices are players. There are no actors (there might be NPCs?)
Runners need to traverse a secret maze (through the city) without entering forbidden areas. Forbidden areas are deadzones – every second in the zone will deduct life.
Voices guide the runners but each individual voice has their own secret agenda, given to them at the start of the game. Voices know the map out of the maze (or through the city), including forbidden areas.
Runners aren’t allowed to see other runners (or generally people?), if they do, there is a penalty or the chance of stealing something (Penalty could be that the voice can only be heard for 30s and then a break of 1 minute or injuries like that)? – so voices need to make sure they warn runners of any people in view and runners need to stay vigilant while following orders.
Runners win, if they fulfill a certain goal. Voices win, if the runner survives and their secret agenda is fulfilled.
Testing Setup V1:
Videocall indem RUNNER den eigenen Screen shared. Runner öffnet Google Street View und begibt sich zu einer vorher definierten Startlocation. Runner spielt im Test nur über Street View und läuft somit remote durch die Stadt.

Jede VOICE bekommt ein Secret Agenda und eine Karte. Auf der Karte sind eingezeichnet: Verbotene Zonen, Special Items, Start & Ziel. Runner weiß nichts von diesen und Voices dürfen Informationen nicht direkt explizit an Runner weitergeben.

Grundfragen:
- Geht binaural auch über Telefon bzw VoIP? (konnte nicht getestet werden weil keine binauralen Mikrofone)
- Sind mehrere Stimmen, wenn unstrukturiert (freies Sprechen während Spiels) verwirrend? Wie viele Stimmen funktionieren ohne zu viel Verwirrung? 1,2,3,viele?
- Hören die Stimmen auch die anderen Stimmen, oder nicht?
VERS. 2: STORY BASED – actors as voices
Players take a device, put on headphones and running shoes and wait in front of their door to venture outside. This first part is inspired by Hellblade’s intro and therefore features its first paragraph! This version is heavily directed, as opposed to Version 1. The player (runner) plays as a surrogate for the voices. The following is a sample dialog intro.
VOICE 1 (moving between ears)
hello, who are you? … It doesn’t matter. Welcome! You are safe with me! I’ll be right here, nice and close so I can speak without alerting the others.
In a minute, I will ask you to open the door and step outside. I know, it’s been a while, but you have to do this! You have to follow my voice. It will guide you safely, through this dangerous world. One stop in the wrong direction and… anyway, follow me, follow my voice.
Open the door and immediately turn left!
Here, over here! Right now it’s quiet, but everything you do might alert them, so follow my lead!
Slowly walk until you see the first street on your right. Walk towards it and keep going. Make sure to avoid any people you might encounter. Stay at least 5 metres away from them! If you have to, cross the street to avoid them. Have you heard what happens to people when they meet?
VOICE 2 (right ear)
You’re there aren’t you? Where she told you to go? Why did you do that? Why did you just follow her orders? Are you her slave? She’s right, it’s dangerous outside. But the real danger is who’s guiding you. You don’t know her aims? You don’t know what she gets out of this? Maybe she’s leading you to them! Have you ever thought about that?
VOICE 1 (left ear)
Don’t listen to her, she just wants to make you insecure, she just wants you to doubt yourself and therefore doubt me.
VOICE 2 (right ear)
You should really take a different route. I’m telling you: go back!
The Representative (Michael)

(English text below)
The Representative ist ein laufendes Projekt der künstlerischen Forschung, das herausfinden möchte, wie man virtuelle / physische / robotische Stellvertreter*innen entwickeln kann, die Menschen in sozialen Situationen vertreten. Dazu möchte ich die Frage untersuchen, wie es gelingen kann, Persönlichkeitsmerkmale auf eine Maschine zu übertragen.
Der konkreten Ansatz sieht im Moment so aus: Es wird zunächst ein Kurzfragebogen mit psychometrischen Items nach dem “Big Five” Ansatz [1] ausgefüllt.
Die “Big Five”-Personlichkeitsmerkmale (im Englischen auch OCEAN nach den Anfangsbuchstaben) sind:[2]
- Offenheit für Erfahrungen (Aufgeschlossenheit)
- Gewissenhaftigkeit
- Extraversion (Geselligkeit)
- Verträglichkeit (Kooperationsbereitschaft)
- Neurotizismus
Die Herausforderung besteht nun darin, diese Persönlichkeitsausprägungen in Parameter für das Verhalten der Stellvertreter*in zu übersetzen. Einige Hinweise gibt dazu im Artikel [3], in dem diskutiert wird, wie man Persönlichkeitswerte in nichtmenschlichen Spezies messen kann. Ein weiteres interessantes Forschungsfeld ist das Design von Ausdruck, beispielsweise durch ein Gesicht.[4]
Als Plattformen für die Implementierung experimentiere ich mit Picoh [5], einem Roboterkopf und Vector, einem kleinen Heim-Roboter.[6] Das Projekt ist im Augenblick eigenfinanziert und ich verwende daher “was da ist”.
Gestartet ist das Projekt Anfang 2019, und zunächst habe ich Literatur recherchiert und das Konzept überlegt; dann war erst einmal Pause. Am Weltübergang – Experience Hackathon Wochenende habe ich einen Prototyp des Fragebogens erstellt und mit einigen Teilnehmenden getestet. Außerdem habe ich mit den Python-APIs der beiden Roboter gespielt.
Im nächsten Schritt würde ich gerne eine versuchsweise Parametrisierung implementieren und mit vielen Freiwilligen testen.

The Representative is an ongoing artistic research project that aims to find out how to develop virtual / physical / robotic proxies to represent people in social situations. In this context, I would like to examine the question of how it is possible to transfer personality traits to a machine.
In concrete terms, it looks like this:
A short questionnaire with psychometric items according to the “Big Five” approach [1] is given. The “Big Five” (also known as OCEAN) personality features are:[2]
- Openness to experience
- Conscientiousness
- Extraversion
- Agreeableness
- Neuroticism
The current challenge is the translation of these personality characteristics into parameters for the behavior of the representative. There are some hints [3] in the discussion about how to measure personality values in non-human species. Another interesting field of research is the design of expression, for example through a face.[4]
As platforms, I experiment with Picoh [5], a robot head and Vector, a small home robot.[6] The project is self-financed at the moment and I therefore use “what is available”.
The project started at the beginning of 2019 when I researched literature and worked out the concept, then there was a break. During the Weltübergang – Experience Hackathon weekend I created a prototype of the questionnaire and tested it with some of the participants. I also played with the Python APIs of the two robots.
In the next step I would like to implement a prototypical parameterization and to test it with more volunteers.
Quellen / References:
[1] Rammstedt, Beatrice, and Oliver P. John. 2007. ‘Measuring Personality in One Minute or Less: A 10-Item Short Version of the Big Five Inventory in English and German’. Journal of Research in Personality 41 (1): 203–12. https://doi.org/10.1016/j.jrp.2006.02.001.
[2] John, O, Laura Naumann, and C Soto. 2008. ‘Paradigm Shift to the Integrative Big Five Trait Taxonomy: History, Measurement, and Conceptual Issues’. In Handbook of Personality: Theory and Research, 3 Edn., 114–58.
[3] Gosling, Samuel D, and Oliver P John. 1999. ‘Personality Dimensions in Nonhuman Animals: A Cross-Species Review’. Current Directions in Psychological Science, 7.
[4] Kalegina, Alisa, Grace Schroeder, Aidan Allchin, Keara Berlin, and Maya Cakmak. 2018. ‘Characterizing the Design Space of Rendered Robot Faces’. In Proceedings of the 2018 ACM/IEEE International Conference on Human-Robot Interaction – HRI ’18, 96–104. Chicago, IL, USA: ACM Press. https://doi.org/10.1145/3171221.3171286.
[5] https://www.ohbot.co.uk/picoh.html
[6] https://anki.com/en-us/vector.html
All our Representatives (Janne)
Ich habe an einer AR App basierend auf den Geotrackingdaten meiner direkten Umgebung (Berlin Neukölln) gearbeitet.
Weiterführend sollen in die App digitale Avatare / Objekte / Körper = Stellvertreter*innen implementiert werden.
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Meine Gedanken:
Derzeit gilt eine globale Kontaktbeschränkung, die sich dezidiert auf vermeidbare körperliche Annäherung und Berührung bezieht (mindest Abstand 1.5 Meter).
Mit ihr gehen Stigmata, Argwohn und Misstrauen gegenüber anderen, eventuell infizierten, die eigene Gesundheit gefährden könnenden Körpern einher. Körper (beispielsweise asiatisch gelesen) werden zu Stellvertreter*innen infizierter Körper gemacht.
Die ambivalenten,sowohl fürsorglich als auch kontrollierenden Form der politischen Informationsweitergabe und Machtausübung trägt zur Bewertung und Stigmatisierung bestimmter Körper bei.
Der globalen Herausforderung einer Pandemie wird nicht mit internationaler Solidarität, sondern mit nationaler Abschottung begegnet (Körper werden zu Stellvertreter*innen einer Nation).
50 aufgenommene Kinder und Jugendliche aus geflüchteten Lagern dienen als Stellvertreter*innen der 40.000 Menschen, die den nationalen Gesundheitskörper nicht belasten dürfen.
Sie vertreten das gute Gewissen.
Ich glaube, es fehlen Stellvertreter*innen für Erfahrungen und Lebensrealitäten menschlicher und nicht-menschlicher Akteur*innen, vor denen die westliche Welt in ihrer Quarantäne Panik nach mehr abgeschottet wird.
Könnte ein Hologram/ ein AR Avatar ähnlich eines Geistes ein*e digitale Stellvertreter*in sein?
Die Avatare könnten als Stellvertreter*in des physischen Körpers agieren und den politischen Umgang mit dem individuellen Körper und dem Bevölkrungskörper reflektieren.
Welche Körper sind sichtbar, welche unsichtbar? Making space for the Non-visible.
Von wem werden Stellvertreter*innen akzeptiert und von vom Nicht?
Unterschiede: zu Stellervertreter*in gewählt werden. Zu Stellvertreter*in gemacht werden.
Die Frage nach Stellvertretung / Repräsentation ist immer eine Frage nach Macht.
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Die AR Plattform würde es zudem ermöglichen, das die unterschiedlichen Ideen zu Stellvertreter*innen implementiert werden können (siehe Binaural Guide.
Prozess: Bislang technisch gescheitert an der mysteriösen Suche nach dem Android SDK.
Das digitale Fenster zur Nachbarschaft (Gabi)
Best Practice Beispiel: Ein virtuell-analoger über Zoom und Facebook live gestreamter Nachbarschafts-Spaziergang, zum Nachschauen .
Wer nicht nach draußen gehen kann, oder mag, hat mit dem Format „Das digitale Fenster zur Nachbarschaft“ die Gelegenheit sich auf das Sofa zu kuscheln, einen leckeren Tee zu trinken und eine Stellvertreter*in für sich im Veedels-Spaziergang laufen zu lassen.
Was als analoger Projekt-Spaziergang geplant war wurde im Projekt ‚Mut zur Lücke‘ auf Grund von Kontaktbeschränkungen, die wegen der weltweiten Coronavirus Pandemie seit 22. März 2020 bis auf unbestimmte Zeit in Deutschland gelten, kurzerhand umgedacht.
Das Projekt wird seit September 2019 von Agora Köln im Auftrag der Stadt Köln durchgeführt und dient dazu, mit bis zu 10 Aktions-Gruppen aus zwei Kölner Nachbarschaften 10 Parklücken temporär umzugestalten. Wo Autos parken, sollen Nachbar*innen und zu Fußgehende die Möglichkeit haben sich z.B. auf aus Holz gebauten Bänken zu begegnen. Was 2013 in San Francisco als „Parklet-Projekt“ begann und in Stuttgart schon erfolge feiert, ist in Köln angekommen.
Der virtuell-analoge Spaziergang wurde im Vorfeld von dem Agora Köln Projekt-Team organisiert und am 19.4.2020, während des “Weltübergang”-Events, durchgeführt. Das Format wurde zusätzlich im “Weltübergang” reflektiert.
Ablauf: Die Aktionspartner*innen mit ihren Aktionsideen für die „Lücken“ wurden über Zoom dazu geschalten. ‚Drinnen‘ war ein Team-Mitglied für Zoom zuständig, hatte den Chat im Blick, steuerte Screensharings von Projekt-Skizzen hinzu, und schaltete die Speaker / Aktionspartner*innen im Spotlight groß und wieder klein. Wie bei einer Fernsehproduktion wurde der digitale Spaziergang live koordiniert. Das Zoom-Fenster wurde direkt auf Facebook live über die FB Projektseite übertragen, und wurde dort von einer zweiten Team-Kollegin begleitet. Sie verfolgte die Kommentare und antwortete im Kommentar-Feld zurück.

Ich war live draußen vor Ort, stellvertretend für alle über Zoom und Facebook Zusehenden. Da die Parklücken noch nicht umgestaltet waren, zeigte ich die bei der Stadt Köln angefragten Standorte und lud ein, sich mit mir die Zukunft vorzustellen, zu visualisieren wie die Lücken umgestaltet sein werden, und den Weltübergang zu erproben. An einer Station traf ich eine Aktionspartnerin im realen Leben, während sie auf einer Bank bei Zoom zugeschalten war, während ich sie über meinen Zoom-Zugang filmte und interviewte, während alles live auf Facebook übertragen wurde, während ich fotografiert wurde. Inception?! Es war sehr spannend!
Wer live zusah, konnte über die Chat-Funktionen im Zoom und auf der Facebook-Seite kommentieren und Fragen stellen. Es war sehr interaktiv. Stellvertretend für die Zuhausegebliebenen besuchte ich insgesamt 8 Standorte, die im Projekt integriert waren.
Der gesamte Veedels-Spaziergang (ca. 1 Std.) wurde anschließend auf der ‚Mut zur Lücke‘ Facebook-Seite zum Nachschauen bereit gestellt. Als erster Prototyp war das Format im Sinne der digitalen Nachbarschaftsarbeit gut gelungen.
Dieses Stellvertreter*innen Format lässt noch viel Spielraum zum Experimentieren: Ein Spaziergang, eine geführte Nachbarschafts-, Städte-Tour, ein audio-visueller Walk, oder ein urbanes Theater(Stück) mit partizipativen und interaktiven Ansätzen. Wie kann eine Person draußen für eine Person drinnen stellvertretend im öffentlichen Raum unterwegs sein? Wie dessen Augen und Ohren sein? Wie kann das ‚Drinnen‘ das ‚Draußen‘ navigieren? Und umgekehrt? Wie könnte ein kollaboratives Erlebnis geschaffen werden in dem das ‚Drinnen‘ z.B. den Stadtplan hat, das ‚Draußen‘ entsprechend mit der realen Umgebung agieren und das Gesehene zurück spiegeln? Wie könnte das ‘Drinnen’ und das ‘Draußen’ interagieren? Welche Interatktions-Ideen (Interventionen) mit Passant*innen und welche parallel genutzten Medien, Materialien und Technologien könnten in das Format integriert werden? Und muss das Live Produzierte immer nachgeschaut werden können, oder darf es auch vergänglich sein?
Ich bin überzeugt, die Zukunft ist hybride! Viele spannende Denkansätze entstehen, die erprobt werden wollen, im spielerischen Kontext der Nachbarschaftsarbeit, der kulturellen Bildung und weiterer kreativer Möglichkeiten spielerische Zugänge im Weltübergang für Menschen zu schaffen. Liebe Zukunft, wir haben eine Verabredung!
Gabi Linde, April 2020
“LÄUFER*IN”
dystopischer run für fünf Performer*innen, fünf User*innen und ein Publikum (by Florian Heller, ursprünglich aus dem Channel #P7-Remote-Publikum)
Florian hat im Channel #p7-remote-publikum eine Idee gepostet, die wir sehr passend zu den Gedanken und Ideen hatten, die bei uns so rumgesponnen wurden. Deswegen haben wir sie hier mal mit seiner freundlichen Genehmigung integriert. Wer interesse hat beim Projekt weiter zu denken soll sich gerne bei Florian melden!
Berlin im Spätherbst 2020: Wer kann bleibt zu Hause und nicht nur des miesen Wetters wegen. Die zweite Welle des zuvor als SARS-CoV-2 bekannten Virus hat die Welt fest im Griff. Nach seiner Mutation ist es nun nicht nur noch ansteckender, auch die Sterberate der Infizierten ist exponentiell gestiegen. Die Straßen sind leer gefegt und wo sie es nicht sind, sind sie zu einem Gefahrengebiet geworden, über das die nach einer Vielzahl an Infektionen personell stark geschwächten Sicherheitskräfte längst die Kontrolle verloren haben. Berlin steht still. Aber es wäre eben nicht Berlin, wenn ein ebenso findiges wie scheinbar skrupelloses kleines Startup-Unternehmen nicht einen Weg gefunden hätte, die Katastrophe zu monetarisieren. Auf dem Nährboden aus Leid und Verzweiflung gedeiht die Agentur “Außenseiter” prächtig. Ihre Dienstleistung: Sie hat eine App entwickelt, mittels derer wohlhabende User*innen aus der Sicherheit der eigenen vier Wände sogenannte “Läufer*innen” anheuern können. Diese free-lance-Söldner*innen, häufig ehemalige Künstler*innen, die durch die Viruskrise aus der Sphäre der Prekarität in den totalen Ruin geworfen wurden, sind mit Bodycams ausgestattet für ihre User*innen auf den Straßen unterwegs. Als eine Mischung aus Agent*innen und Avataren erledigen sie Einkäufe, Botengänge, Geschäftstermine, aber auch einfach das stumme Betrachten der Bäume im Park – und das in ständiger Lebensgefahr.
Doch plötzlich unterbricht ein*e Läufer*in den run, weicht von der vorgegebenen Route ab, beendet die Stellvertreterfunktion und wendet sich direkt an ihre*n User*in. Weitere Läufer*innen folgen dem Beispiel und die User*innen, sind nun statt Anonymen Auftraggeber*innen mitten drin in der Lebenswelt derer, die sie für sich auf die Straßen geschickt haben. Versuchen sie die Kontrolle zurück zu erlangen? Unterstützen sie ihre*n Läufer*in? Und was passiert, wenn die Läufer*innen aufeinander treffen oder gar auf ihre User*innen?
SETUP
Fünf Performer*innen in den Straßen Berlins, livestreams per bodycam.
Fünf User*innen, die jeweils eine*n Performer*in mittels einer Toto-Story am Smartphone begleiten/steuern. (https://toto.io/ // software der Nebelflucht GmbH)
Die User*innen haben nur Zugriff auf ihren eigenen Stream (evtl. direkt in der app) sowie auf einen Stream, in dem die Mitarbeiter*innen der Agentur “Außenseiter” (NPCs, live oder als vorproduzierte Videobotschaften) sich zu Wort melden.
Ein Publikum, das alle streams und die Kommunikation zwischen den Performer*innen und den User*innen parallel verfolgen kann. (Chatfunktion innerhalb des Publikums oder sogar vom Publikum an die User*innen?) Vor den Augen des Publikums setzt sich so ein (interaktiver) teils geskripteter, teils spontan entstehender multiperspektivischer Film zusammen. Eine schon ältere Inspiration für eine solche (ich fand damals sehr gelungene und poetische) Erzählweise: https://www.gobsquad.com/projects/super-night-shot/
Eventuelle Zusätze: Toto Objects im Stadtraum, die User*innen kontrollieren können um in die Welt der Performer*innen einzugreifen (Licht an, Schloss auf etc.), Weitere Performer*innen, die quasi als gescriptete events auf dem Weg der Läufer*innen auftauchen, in geschriebenen Szenen mit ihnen interagieren und so der Atmosphäre und dem Plot zusätzliche Tiefe verleihen, vielleicht vorproduzierter Film, der an bestimmten Punkten den livestream der bodycam “versteckt” ersetzt um noch verrücktere Szenen zuzulassen, die man eventuell nicht live wiederholbar machen kann… wenn man den absoluten Overkill will noch Außeneinsatz von Kameradrohnenperspektiven (könnte auch für den Charme der Erzählung kontraproduktiv ein…) tbc
Fragen: livestreams innerhalb von Toto praktikabel? (testen), “Läufer*innen auf der Karte in Toto für User*innen/Publikum sichtbar machen… (geht das wenn sie ein Mobilgerät bei sich tragen, auf dem ebenfalls Toto läuft? Oder separates Tracking-Device?)
Stichworte, Ideen, Brainstorming
Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO Neoliberale FOMO
Hitchcock
Live (Avatar, telepresence) vs. Asynchron (Stellvertreter hinschicken)
Reverse Stellvetreter*innen (bleibt zuhause): Sie steuert Dich, Alarmanlage
Beispiele: Vogelscheuche, Avatare in Games, Gottes Stellvertreter auf Erden
Gefährliche Stellvetreter*innen: Roboter im Vulkan, Voodoopuppe
Katze als Stellvertreter*in
Arm und Reich im neoliberalen Leben – arme Menschen können sich nur einen schlechten Roboter leisten der einen oft missversteht, reiche Menschen einen menschlichen Sklaven.
Viele Menschen spielen mit einem Avatar VS ein Mensch spielt mit vielen Avataren
Reduktion auf einen Sinn (Audio vs Video vs Haptik)
Rauskommen in Zeiten von Corona für Risikopersonen die auch mal wieder die Berge/den Wald/das Meer/den Supermarkt erleben möchten.
360-Grad Video/Street View/Binauraler Sound
Stellvertreter – Repräsentation – Heiligen bzw. Reliquienkult
Inanimate Objects die auf einmal humane Züge zeigen (sprechen, bewegung) und die man kontrollieren kann
Referenzen (Medien, Texte)
Der Knochenjäger
Der Stellvertreter – Rolf Hochhuth
Klevjer, Rune. 2012. ‘Enter the Avatar. The Phenomenology of Prosthetic Telepresence in Computer Games.’ In The Philosophy of Computer Games, edited by John Richard Sageng, Hallvard Fossheim, and Tarjei Mandt Larsen, 17–38. Dordrecht: Springer. http://public.eblib.com/choice/publicfullrecord.aspx?p=971877.
Surrogates
Das Fenster zum Hof (Alfred Hitchcock)
Projekte
2.8 hours later
https://player.vimeo.com/video/29391756
A Monster A Day – Schnitzeljagd über Google Street View
https://citygames.wien/a-monster-a-day-de/
Autoflaneur – Twitterbot der Anweisungen zum Flanieren gibt
https://twitter.com/autoflaneur
Cardiff & Miller
http://cardiffmiller.com/artworks/walks/index.html
Chez Icke – Barvatar
Firewatch/Walking Simulators
Hellblade – Senua’s Sacrifice — Binaural Audio Multivoice
https://youtu.be/rteBLfqiFj8?t=16
I’d hide you
https://www.blasttheory.co.uk/projects/id-hide-you/
Journey To The End Of The Night
Keep Talking and Nobody Explodes
Kippenspiel (Toy Demonstrations) Gabi Linde
https://my365cents.wordpress.com/2018/11/21/212-kippenspiel/
Personal Adventure Automat Telefonperformance
http://playvienna.com/games/personal-adventure-automat/
Twitch plays Pokemon
https://de.wikipedia.org/wiki/Twitch_Plays_Pokémon
Verre Vriend Human Drones – HKU @ Playful Arts Festival
https://vimeo.com/101282451#t=234s
https://www.flickr.com/photos/playfulartsfestival/14584391833/
Virtuelle Voodoopuppe
https://www.stupidedia.org/stupi/Voodoo-Puppe
Welcome to Belarus – Lena Mech
http://lenamech.com/?portfolio=sustainable-logo-design
Zombies Run!